Nun habe ich schon soviel von meinen Erfahrungen im outdoor-Alltag erzählt, da wird es Zeit, auch ein paar Worte über mich zu verlieren.
Kindertage

Ich war schon immer gern draußen. Meine schönsten Kindheitserinnerungen sind warme Sommertage im Garten hinterm Haus (in den Gebüschecken, die mir da noch wie ein geheimnisvoller Djungel vorkamen) oder auch im Hühnerstall und im alten Holzschuppen, der dunkel und windschief unter Fliederbäumen stand und ganz viele Verstecke bot. Vorn neben dem Eingang war ein kleiner Werkzeugtisch mit Schraubstock, wo mein Opa vieles geflickt und gefriemelt hat. Nach zwei miterlebten Kriegen und den Hungerjahren danach wurde eben nichts weggeworfen, sondern repariert bis kein Loch mehr für einen neuen Nagel oder Draht Platz hatte. Meine Lieblingsplätze waren in der rechten hinteren Ecke unter einem alten Tisch – der Durchschlupf dahin führte unter dem Stuhl durch, auf dem der Heukorb stand und war natürlich so eng, daß ich gerade durchpaßte – oder links auf der Stellage über dem Hobelspäne-Haufen. Das war eine Zeitlang mein „Timur* – Dachboden“, da hatte ich an einen Stützbalken sogar ein Rad angenagelt mit den nötigen Schnüren für die echte Timur- Signalanlage.
Familienreisen mit Zelt und Kanu
Und die Reisen mit meinen Eltern gehörten zu den wichtigen Erfahrungen. Immer mit Zelt (und Trabi), mehrere Male nach Polen bis an die Masurischen Seen, weil mein Vater von dort stammte (eigentlich Nord-Ostpreußen, aber das ist russisch und da kam niemand hin. Wir standen mehrmals in Goldap an der Straße Richtung Gumbinnen/Gusev kurz vor den Stacheldraht-Zäunen, wenige Kilometer vor dem Flecken, in dem mein Vater geboren wurde). Zu einer meiner frühesten Kindererinnerungen zählt die Nacht an einem See in Maldity, wo wir sozusagen als geduldete Zeltgäste am Rande eines polnischen Pfadfinderlagers Zwischenstation machten. Mit dem 500er Trabi brauchten wir bis in die Masuren 3 Tage. Und am Abend, es war bereits stockdunkel, luden uns die Polen ans Lagerfeuer ein. Wir saßen mit Ihnen ums Feuer und sie spielten Gitarre und sangen dazu so schön…
Während andere an die Ostsee fuhren und dort zwei Wochen am Strand in der Sonne brutzelten, waren wir jedes Jahr woanders – meist in den Mittelgebirgen, um zu Wandern, später auch am Schweriner See und am Ufer der Havel, da wir zu den Glücklichen gehörten, die einmal gerade recht dazukamen, wo es im „Sportartikel-Geschäft“ ein Faltboot gab. Für 368 DDR-Mark. Konsumgüterproduktion aus der Matthias-Thesen-Werft in Wismar. Ein Kolibri III, von vielen auch als „U-Boot“ belächelt. Schwimmt aber heute noch! Ich war schon immer auch ein Stück „wasseraffin“ und mein Vater als Gymnasiast im Angerburger Ruderverein (heißt heute Wegorzewo und liegt am Mauersee in den Masuren).
Jugendjahre mit Auslauf
Als Jugendlicher habe ich eine Junge Gemeinde „wiedergegründet“ und Fahrten mit Rucksack und Wanderschuh waren bei uns an der Tagesordnung. Ich hatte immer mehr den Drang dazu, vor allem raus aus der DDR. Also ging es Ende der achtziger Jahre zu Pfingsten schon über die nahe Grenze zu den Tschechen oder Slowaken ins Cesky Rai oder Slowensky Rai (Böhmisches oder Slowakisches Paradies), in die Hohe Tatra oder ins Riesengebirge, im Sommer nach Bulgarien und Rumänien. Weil das nicht reichte, wurde Ostern auch noch zum Reisetermin erklärt.
Während die meisten DDR-Jugendlichen schon in Budapest den Zug verließen (meist mit Ziel Balaton) und in Bulgarien viele dann zum Schwarzen Meer abbogen, war ich eher in Richtung Rila – Gebirge, Pirin oder Rhodopen unterwegs. Das war alles Abenteuer pur! Da DDR-Bürger nicht durch das abtrünnige Jugoslavien fahren durften, machten die erlaubten Expreß-Züge einen großen Bogen durch Rumänien. So waren wir ab Dresden bis Sofia 2 Tage in den Zügen unterwegs. Die hatten klangvollen Namen wie Pannonia-Expreß oder Balt-Orient-Expreß oder Vitoscha und waren lang, bunt und sehnsuchterweckend. (Bunt, weil alle Bahngesellschaften der beteiligten Länder ein oder mehrere Wagen dazugaben.) Pläne hatte ich damals schon genug, mir ist auch mit diesem „beschränkten Auslauf“ noch lange nicht langweilig geworden.
Im Sommer ’89 fragten mich viele unterwegs, in Ungarn und Bulgarien, ob ich denn zurückkehren oder auch in den Westen gehen wollte. Da habe ich immer erklärt, daß ich das nicht vorhabe. Klar wollte ich das DDR-Gefängnis endlich loswerden. Aber meine Aussage war – ‚die Probleme in der DDR kenne ich, die können wir anpacken und verändern. Die Probleme im Westen kenn‘ ich nicht, was soll ich da‘.
Leider kamen mitten im Anpacken die Probleme des Westens auch noch zu uns. Hätte ich mir gern vom Hals gehalten…
Pfadfinder-Pfade in den Osten
Bereits im Frühjahr 1990 gab es erste Kontakte zu Pfadfindern. In Leipzig waren diese Kontakte nie abgerissen. Denn Leipzig hatte schon vor der Nazizeit und dem Krieg eine starke christliche Pfadfinderschaft, die auch durch die Zwangseingliederung in die HJ nicht verschwand. Und so bestanden durch die „Messebesuche“ von Westpfadfindern über die ganze DDR-Zeit Verbindungen. Allerdings wußte ich davon noch nichts, unsere Kontakte kamen eher durch Partnergemeinden im Westen. Da stellten wir so fest – das haben wir doch auch immer alles gemacht, lief bei uns nur mehr unter dem Titel „Junge Gemeinde“.
Für den 3. Oktober 1990, der plötzlich ein freier Tag wurde, haben wir uns dann im Thüringer Zinzendorfhaus bei Erfurt mit Westpfadfindern verabredet, um zu schauen, was wir gemeinsam auf die Beine stellen könnten. Leider ist mir von dem Tag vor allem eines in Erinnerung. Auf der A4, in Richtung Westen unterwegs, kamen uns im Morgengrauen endlose Kolonnen Bundeswehr entgegen. Die friedliche Revolution und die Neugestaltung der DDR nach unseren Vorstellungen war nun also endgültig beendet.
Aufbaujahre für Pfadi- Gruppen
Wie dem auch sei, wir begannen in einigen Orten in Sachsen und Thüringen mit der Aufbauarbeit von Pfadfindergruppen. Am 2.Oktober 1991 gründete ich im Rathaussaal von Schildau mit einigen aktiven Mitstreitern unter Beteiligung einer Abordnung bayerischer Pfadfinder und Hans Peter von Kirchbach, der damals der Bundesvorsitzende war, den ersten ostdeutschen Landesverband „Sachsen“ des VCP (Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder). Immerhin – eine Erfolgsgeschichte – den Verband gibt es bis heute. In mehreren Orten in Sachsen sind sehr aktive Gruppen unterwegs. In den Jahren meines Studiums habe ich einige Zeit nebenbei Gruppen betreut mit allem, was dazu gehört.
Touren mit eigener Familie und Fernreisen
In einer Familienphase mit zwei Kindern kam ich dann nicht mehr ganz soviel zu dem, was ich alles gern noch unternommen hätte. Aber auch mit meinen Kindern sind wir wieder eingestiegen wie zuvor ich mit meinen Eltern – draußen sein, zelten, wandern, Kanu fahren.. nur das die Ziele jetzt eher Dänemark und Schweden waren (o.k., und auch Spreewald, Sächsische Schweiz oder Ruppiner Seen).
Da ich schneller wieder unabhängig war als erwartet, konnte ich mit einigen längeren Fernreisen fortfahren und mehr von der Welt entdecken.. Indien, Thailand, Laos, ein Segeltörn über den Atlantik bis nach Tobago… aber auch Touren in Europa, Frankreich, Italien, nach wie vor Polen und Slowakei…
Naturexkursionen
Dazu kam, daß ich meinen beruflichen Schwerpunkt stark in Richtung Naturschutz und Umweltbildung verlagert habe. Dadurch war ich auch bei Exkursionen und Seminaren regelmäßig draußen unterwegs und konnte einige der schönsten Landschaften wie den Darß oder die Schorfheide zu Zielorten meiner Unternehmungen machen.
So habe ich wohl einiges an Erfahrungen, Erlebnissen und Abenteuern in petto und möchte diese gern an Neugierige weiterreichen.
.. der Wanderbär